
SPECIAL: TV & Streamingtipps im Oktober – von der Jury kuratiert!
SPECIAL: TV & Streamingtipps im Oktober – von der Jury kuratiert!
Der Blaue Panther 2024 geht an…
Jede Menge TV & Streaming-Highlights haben uns 2024 an den Bildschirm gefesselt, unser Herz berührt, für Gänsehautmomente gesorgt und es unserer Jury dadurch nicht leicht gemacht, unter den unglaublich vielen kreativen und herausragenden Einreichungen die besten Produktionen herauszupicken. Doch sie wurden gefunden! Wir gratulieren ganz herzlich allen Preisträger:innen des „Blauer Panther – TV & Streaming Award” 2024! Hier könnt ihr die Preisverleihung auf YouTube nachschauen.
Für alle, die die Preisverleihung am 23. Oktober verpasst haben, gibt es hier eine Übersicht der (im wahrsten Sinne des Wortes) ausgezeichneten Produktionen als Special TV & Streaming-Tipps – Part 1!
Castingshow: Germany’s Next Topmodel by Heidi Klum, Staffel 19
Harte Catwalk-Trainings, wilde Partys, begehrte Werbejobs, herausfordernde Shootings –mal hoch oben in der Luft oder wackelig auf einem schwebenden Balken über Wasser, dann mit wilden Tieren oder mitten im künstlichen Monsun. Dazu Woche für Woche die Frage, ob Gastgeberin und Moderatorin Heidi Klum ein Foto hat, um eine Runde weiterzukommen. Und das schon seit 2006. Da nämlich ging die erste Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ (GNTM) an den Start – mit der damals 18-jährigen Lena Gercke als Gewinnerin, die danach eine fulminante Karriere als Model und Moderatorin hinlegte. Mittlerweile hat Heidi Klum mit ihrer Castingshow die 19. Staffel abgeschlossen. 19 (!!!), in der heutigen, schnelllebigen Zeit. Das muss ihr erst einmal jemand nachmachen. Selbst das immer gefürchtete Umstyling (von langer Mähne zu kurzem Bob, von blond zu rothaarig, von Lockenmähne zu glattem Ponyhaarschnitt), bei dem Tränen kullern und kullern und kullern, schreckt die Bewerber:innen nicht ab. Tausende Kandidat:innen warten auf ihre Chance, nach wochenlangem Kampf endlich in die finale Liveshow zu kommen, um „Germany’s Next Topmodel“ zu werden, das Gesicht auf dem Cover der deutschen „Harper’s Bazaar“ zu sein und eine ordentliche Geldsumme als Startkapital für die Karriere zu gewinnen. In 2024 haben es Jermaine und Lea geschafft. Sie holten sich den Titel und läuteten damit eine neue Ära ein. Denn erstmals durften neben Frauen auch Männer an der Erfolgsshow teilnehmen – und somit gab es zum ersten Mal auch zwei Gewinner:innen. Liebe Heidi Klum, wir haben leider kein Foto für dich. Dafür aber den Blauen Panther in der Kategorie Entertainment für deine Leistung als Moderatorin und Gastgeberin von „Germany’s Next Topmodel by Heidi Klum”, Staffel 19.
Germany’s Next Topmodel by Heidi Klum, 19. Staffel, 19 Folgen, auf Joyn ansehen.
Action-Drama: Crooks
Sie sind wieder da: Die „4 Blocks“-Buddys Frederick Lau und Kida Khodr Ramadan standen erneut gemeinsam vor der Kamera. Und zwar in „Crooks“. Kein geringerer als Regisseur Marvin Kren (ebenfalls „4 Blocks“) ist dafür ebenso verantwortlich wie für den Thriller selbst. Wenn ein Wiener Rotlichtkönig (Karl Welunschek) vom eigentlich im Ruhestand befindlichen Berliner Tresorknacker Charly „Panther“ (Frederick Lau) bedroht wird und ein alles entscheidender Job rund um eine Münze mit einer Jagd durch Europa nach Marseille zu Rami (Kida Khodr Ramadan) führt, dann klingt das schräg. Noch dazu, wenn alles schiefgeht, was nur schiefgehen kann: Ein mieser Deal, um die eigene Familie zu retten, die nun aber erst recht in Gefahr ist, weil der Coup misslingt… und am Ende hängt alles von einem Münzwurf ab. Es wartet Spiel, Spaß und Spannung gepaart mit Situationskomik. Alleine die Szene mit Frederick Lau im leicht geöffneten Bademantel, um seine versteckte Waffe zu zeigen, ist zum Schreien komisch: „Ich kenne Sie nicht, aber ich sehe Ihre Hoden.“ „Und? Gefallen Sie Ihnen?“ Wer „Crooks“ nicht gebingt hat, hat definitiv was verpasst. Sicherlich hatte Creator und Showrunner Marvin Kren den „Panther” schon beim Entwickeln der Serie vor seinem inneren Auge, was belohnt wurde: Für seine Liebe zum Detail und die hervorragende Recherche erhielt er für das Action-Drama am 23. Oktober den Blauen Panther in der Kategorie Fiktion.
Crooks, 1. Staffel, acht Folgen, auf Netflix ansehen.
Berichterstattung: Journalismus aus Tel Aviv

Explodierende Bomben, qualvolle Schreie und das Tag für Tag. Was für die meisten von uns nach einem Albtraum klingt, gehört seit August 2021 zum herausfordernden Arbeitsalltag der 33-jährigen Journalistin Sophie von der Tann. Sie lebt in Tel Aviv und berichtet furchtlos und professionell aus dem BR/ARD-Hauptstadtstudio über Israel und den Nahen Osten. Außerdem ordnet sie im BR-Podcast „Lost in Nahost“ den komplexen Nahost-Konflikt leicht verständlich für die junge Zielgruppe ein und erklärt die aktuellen Geschehnisse. Fast täglich ist sie mit schrecklichen Nachrichten und Bildern konfrontiert. Warum sich eine junge Frau das antut? „Häufig habe ich gehört: Wer nach Israel und in die Palästinensischen Gebiete als Journalistin kommt, ist danach verwirrter als vorher. So vielschichtig ist das Leben, sind die Perspektiven, die Probleme. Mich reizt genau das. Ich möchte mich verwirren lassen, entdecken, hinterfragen, lernen“, erklärt Sophie von der Tann und lobt die gegenseitige Unterstützung im Korrespondententeam und von den lokalen Mitarbeiter:innen in Israel, dem Westjordanland und in Gaza. „Dort riskieren palästinensische Journalisten jeden Tag ihr Leben, weil wir seit fast einem Jahr weder von Israel noch von Ägypten aus nach Gaza rein dürfen.“ Die schwierige Mission verdient den allergrößten Respekt – und Sophie von der Tann erhält als unermüdliche Berichterstatterin aus Nahost den Blauen Panther in der Kategorie Information/Journalismus.
Brennpunkt Eskalation in Nahost oder Weltspiegel extra: Krieg in Nahost uvm. von Korrespondentin aus dem ARD-Studio in Tel Aviv, alle Formate sind abrufbar in der ARD Mediathek.
Dramedy Serie: Die Zweiflers
Familie kann man sich nicht aussuchen. Sie kann unglaublich herausfordernd sein. Dass man nicht immer mit ihr kann, aber auch nicht ohne sie, wissen auch die Zweiflers. Humorvoll, reflektiert und schonungslos ehrlich überzeugte die moderne Highend-Serie über die jüdisch-deutsche Familie Zweifler mit internationaler Besetzung (u.a. Sunnyi Melles, Leo Altaras, Mark Ivanir, Martin Wuttke, Ute Lemper, Leonie Wittgenstein) nicht nur beim Cannes International Series Festival, sondern auch beim Deutschen Fernsehpreis. Denn es ist gelungen, ein kulturelles und gleichzeitig religiöses Thema als warmherzige und unterhaltsame Geschichte zu verpacken, wenn es um das Delikatessenimperium in Frankfurt am Main geht. Mitsamt Rückblick auf die Nachkriegszeit und inmitten von Veränderungen, Bräuchen und neuen Beziehungen. Zweifelsohne geben die sechs Folgen einen Einblick ins jüdische Leben von damals und heute – mit Fingerspitzengefühl und Zugang zu Themen jüdischer Kultur in Deutschland. Gleichzeitig werfen sie einen liebevollen und amüsanten Blick auf alles, was Familie ausmacht. Besonders Aaron Altaras fällt in der Rolle des Enkels Samuel Zweifler auf. Tradition oder Liebe – er ist zwischen den Erwartungen seiner jüdischen Familie und der Liebe zu Köchin Saba (Saffron Marni Coomber) hin- und hergerissen. Und das so authentisch, dass die Grenzen zwischen Schauspiel und Realität zu verschwimmen scheinen. Der Blaue Panther ging daher an Aaron Altaras als „Bester Schauspieler“.
Die Zweiflers, 1. Staffel, sechs Folgen, hier in der ARD Mediathek anschauen
Dokumentation: Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten
„AfD-Politikerin Lena Kotré verteilt im Wahlkampf sogenannte ‚Kubotans‘“, lauten die jüngsten Schlagzeilen der extrem rechten Partei und sorgen bei uns für Unverständnis, Kopfschütteln und Fragezeichen. Wie konnte es einer Partei in den vergangenen Jahren gelingen, sich immer weiter zu radikalisieren? Antworten liefert die Dokumentation „Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten“, denn die spannendsten Infos kommen von Aussteiger:innen, denen es sichtlich schwer fällt, darüber zu sprechen. Geld, Macht, ja fast wie ein Rausch war es zum Beispiel für Marco Schild aus Heiligenhaus, der plötzlich Anerkennung bekam. „Das dauert lange, bis man realisiert, dass da auch Rechtsradikale um einen herum sind“, gibt er zu. Und ist damit nicht alleine. Auch Alexander Leschik aus Münster war „viel zu lange ein bürgerliches Gesicht einer zunehmend enthemmten Partei“. Und Franziska Schreiber aus Dresden gesteht, dass es erklärungsbedürftig ist, wie man so viele Jahre in der AfD Mitglied sein konnte. So berichtet sie von den Gesprächen mit ihrem Opa, einem eingefleischten Sozialdemokraten: „Wie kannst du in einer Partei Mitglied sein, die die Grundwerte unserer Familie offensichtlich mit Füßen tritt?“. Eine gute und berechtigte Frage. Im 90-Minüter werden persönliche Erlebnisse wie Beschimpfungen, rassistische Erfahrungen und emotionale Momente inszeniert, um die Gedankenwelt der AfD für die Zuschauer:innen deutlich zu machen. Das ist Blauer Panther-Preisträger Jan Lorenzen (verantwortlich für Buch und Regie) gelungen – und rüttelt uns alle hoffentlich wach.
Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten, 90 Minuten, jetzt in der ARD Mediathek ansehen
Doku-Drama: Ich bin! Margot Friedländer
„Was war, das war, wir können es nicht mehr ändern. Es darf nur nie wieder jemals geschehen“, erzählt die 102-jährige Margot Friedländer in ihrer Lebensgeschichte „Ich bin! Margot Friedländer“. Und wir sind uns sicher: An niemandem geht das Doku-Drama, das bewegende Gespräche mit der Zeitzeugin des Nazi-Regimes, Film- und Fotomaterial sowie Inszenierungen entscheidender Momente (u. a. mit Julia Anna Grob als „die junge Margot“ neben Iris Berben, Charly Hübner, Herbert Knaup und Axel Prahl) vereint, spurlos vorbei. Zu überwältigend sind die Gefühle von Angst und Hoffnung. Margot Bendheim wird 1921 in Berlin geboren, absolviert nach der Schule eine Ausbildung als Schneiderin und spielt Theater beim Jüdischen Kulturbund. Noch vor der geplanten Flucht nach Oberschlesien kommen ihre Mutter und ihr Bruder Ralph 1943 in das Vernichtungslager nach Auschwitz. Es zerreißt einem vor dem Fernseher das Herz. Wie muss es erst der damals 22-jährigen Margot ergangen sein, die alleine zurückblieb? Die Mutter hinterlässt ihr die wichtige Botschaft: „Versuche, dein Leben zu machen…“. Sie taucht unter, ihre verzweifelte Situation wird ausgenutzt, auch sexuell – bis sie im Frühjahr 1944 von sogenannten „Greifern“ gefasst und nach Theresienstadt deportiert wird. Erst jetzt begreift sie, dass ihre Mutter und ihr Bruder ermordet wurden, wie mehr als eine Million andere Verfolgte. Margot aber überlebt. Nach der Befreiung heiratet sie Adolph Friedländer, einen Bekannten aus Berlin, den sie in Theresienstadt wiedergetroffen hat. Das Ehepaar emigriert in die USA, baut sich dort ein neues Leben auf. Doch unvergessen bleiben die schmerzhaften Erinnerungen. Erst nach dem Tod ihres Mannes besucht Margot Friedländer 2003 auf Einladung des Berliner Senats ihre alte Heimat. Seit 2010 lebt sie wieder in Berlin und geht regelmäßig in Schulen, um junge Menschen aufzuklären. „So war das“, soll ihr berührendes Fazit gewesen sein, nachdem Margot Friedländer das erste Mal die UFA-Produktion über ihr Leben gesehen hat. Ein gelungenes, stimmiges Gesamtbild haben nämlich Hannah und Raymond Ley kreiert, das mit dem Blauen Panther für Buch und Regie in der Kategorie Kultur/Bildung geehrt wurde.
Ich bin! Margot Friedländer, 90 Minuten, aufrufbar in der ZDFmediathek