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Blauer Panther

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Porträt Bruno Alexander

Zwischen Kühltheke und Becker-Faust

Der Hamburger Schauspieler Bruno Alexander ist mit zwei Rollen für den „Blauer Panther – TV und Streaming Award“ nominiert

Schauspiell-Ass: Bruno Alexander brilliert in „Der Rebell - Von Leimen nach Wimbledon“ als Tennis-Star Boris Becker. © RTL+

Der Hamburger Bruno Alexander ist in der Kategorie Fiktion gleich für zwei Rollen als bester Schauspieler nominiert: In der ersten Staffel der Serie „Die Discounter“ spielt er den Supermarktkassierer Titus und im Film „Der Rebell – Von Leimen nach Wimbledon“ die Tennis-Legende Boris Becker.

Panik und Aggression halten sich die Waage in Boris Beckers Gesicht, als er bei den Jugendweltmeisterschaften zwei linke Schuhe aus seiner Sporttasche zieht. Weil sein Trainer die Glücksschuhe nicht rechtzeitig aus dem Hotel holen kann, geht er eben in Socken auf den Platz. Beim Einmarsch ist seine Unsicherheit schon verflogen und einem selbstgefälligen Lächeln gewichen, das bleiben wird. Innerhalb weniger Jahre machen Günther Bosch und Ion Țiriac den bis heute jüngsten Wimbledonsieger und einen Weltstar aus dem jähzornigen Teenager. Die Arroganz wird seine Ritterrüstung. So oder so ähnlich wird es gewesen sein Mitte der Achtziger. In Hannu Salonens Film „Der Rebell – Von Leimen nach Wimbledon“, den er für den Sender RTL über die Erschaffung des Mythos Boris Becker drehte, macht Schauspieler Bruno Alexander in der Titelrolle ein regelrechtes Gefühlsdrama aus dem steilen Aufstieg des Sportstars.

Treffsichere Körpersprache und authentische Gefühlslage: Bruno Alexander lässt den Mythos Becker seine Jugend nachholen

Dass er sich für die Szenen auf dem Tenniscourt 15 Kilo Muskeln antrainiert hat, um Beckers fernsehgeschichtlich minutiös dokumentierte Körpersprache auf dem Platz zu treffen, ist dabei nur die Basis der Figur, die er auf den Bildschirm bringt. Das eigentliche Spektakel ist die Bandbreite an emotionalen Ausbrüchen, Kehrtwenden und Überlagerungen, die er aus Beckers Siegeswillen, Selbstvergessenheit und auch seiner Lächerlichkeit macht, wenn dieser sich regelmäßig zum Helden seines eigenen Dramas stilisiert.

Alexander nutzt den Umstand, dass hinter der Marke Becker eine Persönlichkeit zu verschwinden drohte, und lässt diesen gerade mal aus den Teenager-Jahren entwachsenen Superstar mit einer Mischung aus halbstarker Unbedarftheit und berechnendem Ego in aller Öffentlichkeit seine Jugend nachholen: eine Urgewalt, aber gleichzeitig noch leichtsinnig und unbeschwert.

 
Die Becker-Faust darf nicht fehlen: Boris Becker (Bruno Alexander) spielt und gewinnt in Wimbledon 1985 (c) RTL+

Das Multitalent: Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur

Beim Blick auf die Filmografie des gebürtigen Hamburgers Alexander, Jahrgang 1999, zeigt sich seine langjährige Erfahrung. Schon mit 12 stand er als Max Paulsen in der Kinderserie „Die Pfefferkörner“ vor der Kamera, dann in Fernsehkrimis und weiteren Serien. Mit seinen Schulfreunden Emil und Oskar Belton bewarb er sich nach Jahren in der Film AG an einigen Filmhochschulen, wurde jedoch immer wieder abgelehnt. 2018 drehten sie die Webserie „Intimate“, die ihnen die Aufmerksamkeit von „Jerks“-Erfinder Christian Ulmen und so kurzerhand den Auftrag für „Die Discounter“ bescherte. Die Serie wurde ein Überraschungshit auf Amazon Prime und ist beim Blauen Panther für den Publikumspreis nominiert.

Die drei schrieben nicht nur das Drehbuch und führten bei der Serie Regie, Alexander spielt in der Mockumentary über einen Supermarkt und dessen trantütige und doch liebenswürdige Belegschaft auch den neuen Mitarbeiter Titus. Der mogelt sich in diesem Soziotop mit Sparpreis-Ambiente nicht nur an seinem ersten Arbeitstag durch den Supermarktalltag zwischen überklebten Mindesthaltbarkeitsdaten auf der Tiefkühlpizza, Aufreiß-Versuchen an der Kasse und Nickerchen im Lager. Diesen Jugendlichen zerreißt es schier zwischen dem Versuch, sich im neuen Job unauffällig und fleißig zu zeigen, und dem Drang, vor den gleichaltrigen Kollegen und Kolleginnen nicht als uncool dazustehen. Bei aller Komik ist auch diese Figur vor allem unverfälscht in ihrer Gefühlswelt und deshalb mit allen Brüchen und Absurditäten nachvollziehbar.

Alles andere als billig: „Die Discounter“-Crew Emil Belton (Regie), Christian Ulmen (Produzent PP), Carsten Kelber (Produzent PP), Bruno Alexander (Regie) und Max Mattis (Producer), vorne Oskar Belton (Regie) (c) Pyjama Pictures GmbH Manju Sawhney
Naseweis: Bruno Alexander zieht in „Die Discounter“ als Neuling Titus alles Register (c) 2021 Amazon.com, Inc. or its affiliates

Ehrliches Staunen und authentische Brüche: Bruno Alexander macht aus seinen Figuren nachvollziehbare Menschen

So unterschiedlich der ehrgeizige Boris und der unsicher dreinblickende Titus sein mögen, eines ist ihnen gemeinsam: das authentische und ehrliche Staunen angesichts der Umstände, die bisweilen ohne ihr Zutun auf diese Jungs hereinzubrechen scheinen, auch wenn das natürlich nicht ganz stimmt. Diese Neugier auf all die Facetten seiner Rollen, macht Bruno Alexander zu einem der spannendsten Darsteller seiner Generation, die ihm ein besonderes Anliegen ist: „Es passiert viel zu selten, dass Produzenten jungen Menschen eine Kamera in die Hand drücken und sie einfach machen lassen.“ So lässt er seine Figuren in all ihren emotionalen Konflikten, Unstimmigkeiten und ihrer Unreife eben nicht unglaubwürdig erscheinen, sondern gerade in dieser Inkonsistenz menschlich.