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Blauer Panther

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Interview: „Wrong“

Fremdschämen in der WG

Die Comedy-Serie „Wrong – unzensiert“ macht aus Sitcom-Humor und Mockumentary eine unberechenbare Mischung.

Judith Gerlach und David Helmut bei der Preisverleihung des Blauen Panthers 2022 (c) Medien.Bayern GmbH / Jens Hartmann

Der Regisseur und Drehbuchautor David Helmut erhält den Nachwuchspreis beim diesjährigen „Blauer Panther  – TV & Streaming Award“. Im Interview spricht der  Filmemacher über seinen Serienerfolg „Wrong – unzensiert“ und über seine Comedy-Methoden.

Herr Helmut, herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Nachwuchspreises! Die Mockumentary „Wrong – unzensiert“ handelt vom chaotischen Alltag einer Wohngemeinschaft. Haben Sie darin eigentlich auch Ihre eigenen WG-Erfahrungen verarbeitet?

David Helmut: Ja, ich habe in verschiedenen WG-Konstellationen gelebt und dort natürlich auch gewisse Situationen erlebt, die eine Inspiration für meine Serie waren. Mit den Jahren hat sich eine Basis an Geschichten und Absurditäten aufgebaut, die ich heute für meine Arbeit verwenden kann, auch wenn ich manch eine Pointe schon mal ein bisschen überspitzter erzähle, als sie sich in Wirklichkeit zugetragen hat.

Wie sind Sie zum Film gekommen? War es schon früh Ihr erklärtes Karriereziel, als Regisseur und Drehbuchautor zu arbeiten?

Helmut: Es war bei mir schon sehr früh der Wille da, mit der Kamera Geschichten zu erzählen. Mein erster Camcorder, den ich mit elf oder zwölf hatte, war noch schwarzweiß! Damals bin ich mit den Nachbarskids rumgelaufen und wir haben im Keller Horrorfilme gedreht oder BackstreetBoys-Playbackvideos. Danach haben wir uns zusammengesetzt und das Ergebnis auf VHS-Kassette überspielt. Damals entstand eine Leidenschaft und ein Feuer in mir, das bis heute nicht erloschen ist.

David Helmut ist nicht nur Creator und Regisseur von „Wrong — unzensiert”, sondern auch Hauptdarsteller (c) RTL+

Ihre Serie „Wrong – unzensiert“ ist im Stil einer Mockumentary – einer fiktionalen Doku – gehalten. Was reizt Sie so an dieser speziellen Form?

Helmut: Da es gerade wahnsinnig viele Reality- und Dokuformate gibt, fand ich die Idee spannend, dass ein Fernsehsender uns quasi zwingt, eine Doku zu machen. Die Ausgangssituation der Serie ist, dass keiner der Beteiligten Bock hat auf die Geschichte. Das ist der Grundkonflikt. Das als Mockumentary zu erzählen, bot sich an, weil es einfach authentischer wirkt. 

„Wrong – unzensiert“ arbeitet auch mit Elementen der Sitcom, einem bei Fernsehzuschauer:innen äußerst beliebten TV- und Streaming-Genre. Setzen Sie bewusst auf das Erfolgsprinzip dieser Shows oder wollen Sie eher ganz eigene Akzente setzen?

Helmut: Das Format Sitcom gemischt mit Mockumentary gab es schon vorher. Ich habe mich bei meiner Serie an Formaten wie „Stromberg“ und „Modern Family“ orientiert. Auch da wird mit dokumentarischen Mitteln gearbeitet. Ein Vorbild ist für mich außerdem „Jerks“ – die Serie hat in Deutschland in vielerlei Hinsicht Türen geöffnet.

Eine wichtige Zutat Ihrer Serie ist der sehr spezielle Humor, der die Folgen trägt. Können Sie diesen Humor für unsere Zuschauer:innen beschreiben?

Helmut: Es ist ein sehr trockener, schwarzer Situationshumor, denke ich. Ein wichtiges Element ist sicherlich das Fremdschämen. Ich habe einfach das Gefühl, dass Menschen momentan anderen einfach gerne beim kompletten Versagen zuschauen. Weil das eigene Versagen dann nicht mehr so schlimm ist, wenn man jemandem wie meinen Charakteren dabei zusieht, wie sie alles noch mehr in den Sand setzen. Im Grunde höre ich beim Humor auf mein Bauchgefühl, das mir oft recht gibt – die meisten Zuschauer haben jedenfalls gelacht. 

David Helmut schöpfte für „Wrong — unzensiert” Inspiration aus seinen eigenen WG-Erfahrungen (c) RTL+

Nach welchen Kriterien sind Sie bei der Zusammenstellung Ihrer Figuren vorgegangen?

Helmut: Ich glaube, die beste Methode ist es, Figuren zu schaffen, deren Charakter man so oder so ähnlich aus dem echten Leben kennt. Nur mit einer kleinen Schippe obendrauf. Filme oder Serien, die mir dagegen Charaktere zeigen, die der totale Overkill sind und die ich so aus dem Leben nicht kenne, mag ich nicht. Wichtig fürs Geschichtenschreiben ist, dass jede Figur genug innere und äußere Konflikte mitbringt. Und dass am Ende einfach die Konstellation stimmt.

Sie widmen sich als Film- und Serienmacher nicht nur dem Bereich der Fiktion, sondern arbeiten auch als Werbefilmer und meistern nebenbei Gastauftritte bei Shows wie „Germany’s Next Topmodel“. Wie passt diese Aufgabenverteilung zusammen?

Helmut: Was alle diese Formate, Sendungen und Werbefilme vereint, ist das Geschichtenerzählen. Ich mag es, in all diesen Bereichen zu arbeiten. Gerade dann, wenn es wie im Werbefilm darum geht, eine gute Geschichte in dreißig, vierzig Sekunden erzählen zu müssen. Werbung zu machen ist heutzutage viel schwieriger geworden, da die Leute im Internet es sofort als Werbung erkennen und weiterscrollen. Deshalb braucht es genau da gute Geschichten, die einen emotional catchen. Letztendlich geht es um die Freiheit, eine Geschichte auch mal in einem ganz anderen Format zu erzählen.

Gerade haben Sie die zweite Staffel „Wrong – unzensiert“ abgedreht. Würden Sie eigentlich noch einmal in einer WG leben wollen und sei es zu Recherchezwecken?

Helmut: Sagen wir es so: Ich habe das Gefühl, dieses Level habe ich durchgespielt (lacht). In WGs habe ich glaube ich genügend Zeit in meinem Leben verbracht. Es war eine schöne Zeit, auf die ich gerne zurückblicke, aber heute bin ich für mein Leben gerne selbst verantwortlich. 

Warum freuen Sie sich über den „Blauer Panther – TV & Streaming Award“?

Helmut: Erstmal ist es natürlich ein bayerischer Fernsehpreis. Und da ich hier aufgewachsen und zur Schule gegangen bin, fühlt es sich ein bisschen wie Nachhausekommen an. Es ist toll, dort einen Preis zu bekommen, wo für mich alles begonnen hat.