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Blauer Panther

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Porträt: Jella Haase

Vielschichtiger Racheengel

Die Schauspielerin Jella Haase brilliert in der Agentinnen-Serie „Kleo“ als taffe und trotzdem brüchige Einzelgängerin

Stürzte sich mit Haut und Haar, wenn nicht gar Leib und Seele auf die vielschichtige und abgründige Titelrolle in „Kleo“: Jella Haase. (c) Netflix - Julia Terjung

Bekannt wurde sie als prollige Zehntklässlerin Chantal in der „Fack ju Göhte“-Trilogie, doch Schauspielerin Jella Haase lässt sich weder auf ein Genre noch auf einen Rollentypus festlegen. Für die Titelrolle der Serie „Kleo“ ist sie als „Beste Schauspielerin“ für den Blauen Panther 2023 nominiert.

Im blauen Trainingsanzug und mit braver Ponyfrisur macht sich die Titelheldin, inoffizielle Geheimdienstagentin im Auftrag der DDR, unterirdisch auf den Weg nach West-Berlin. So beginnt die Serie „Kleo“, die im August 2022 Premiere feierte, und schnell zu einer der erfolgreichsten deutschen Produktionen beim Streamingdienst Netflix wurde. Was auf die Eingangsszene folgt, ist eine Tour de Force, die sicherlich nicht jede Schauspielerin ohne weiteres zu stemmen in der Lage wäre. Nur wenige Momente später sehen wir Hauptdarstellerin Jella Haase mit blonder Kurzhaarperücke ihrem Opfer in einem Nachtclub auflauernd, später vergnügt sie sich ausgelassen mit ihrem Liebhaber im Bett, tanzt unbeschwert auf der Geburtstagsfeier ihres Großvaters, wird von der Stasi abgeführt, kämpft vor Gericht verzweifelt um die Wahrheit und muss sich im Gefängnis mit Leibeskräften brutalster Angriffe erwehren. Und das alles, bevor die erste Folge auch nur zur Hälfte vorüber ist.

Die Wandlungsfähigkeit, die Haase in dieser Rolle nicht nur mit Hilfe von Kostümen und Haarstyling, sondern vor allem emotional an den Tag legt, ist eindrucksvoll und brachte ihr nicht umsonst bereits den Grimme-Preis ein. Überraschend kommt sie allerdings nicht. Verblüffende Vielseitigkeit und die Fähigkeit, immer wieder aufs Neue ihr Publikum zu erstaunen, ziehen sich schließlich seit Beginn durch ihre Karriere, die inzwischen schon weit über eine Dekade andauert.

Jella Haase verlässt sich bei ihrer Rollenauswahl nach eigenen Worten meistens auf das Bauchgefühl – und das zurecht... (c) Stefan Klueter
... ihre emotionale Wandlungsfähigkeit brachte ihr bereits den Grimme-Preis ein. (c) Netflix - Julia Terjung

Wandlungsfähigkeit zwischen komplexen Jugendrollen und Blockbuster-Komödien

Bereits als Schülerin erwachte Haases Interesse für die Schauspielerei, der Durchbruch ließ damals nicht lange auf sich warten. Die erste Spezialität der Berlinerin: anspruchsvolle, komplexe Jugendrollen, etwa in dem schrillen Jugenddrama „Lollipop Monster“ (2011) oder dem aufwühlenden Neonazi-Drama „Kriegerin“ (2011), wofür sie – noch vor dem Abitur – mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Berühmt wurde sie dann allerdings mit ganz anderer Kino-Kost. Als prollige Schul-Tussi Chantal in der „Fack ju Göhte“-Trilogie (2013-2017) begeisterte sie gleich dreimal ein Millionenpublikum, stieg zum Shooting Star des deutschen Kinos auf und hätte nach „Vielmachglas“ (2018), „Das perfekte Geheimnis“ (2019) und Co. auch noch eine ganze Weile weiter eine Komödie nach der nächsten drehen können.

Stattdessen entschied sich die heute 30-jährige, die auch ohne Schauspiel-Ausbildung zwischenzeitlich zum Ensemble der Berliner Volksbühne gehörte und sich bei ihrer Rollenauswahl nach eigenen Worten meistens auf das Bauchgefühl verlässt, abermals für eine neue Richtung. Mit der Verfilmung von Alfred Döblins gleichnamigem Großstadtroman „Berlin Alexanderplatz“ (2020) und dem Biopic „Lieber Thomas“ über den Ost-Berliner Schriftsteller Thomas Brasch war sie in tragenden Rollen in gleich zwei der ambitioniertesten und aufsehenerregendsten deutschen Kinofilme der letzten Jahre zu sehen. In beiden Filmen verkörperte sie facettenreiche, von Lebenslust wie Tragik gleichermaßen geprägte Frauen und wurde jeweils für den Deutschen Filmpreis nominiert, den sie für ihre Darstellung der Schauspielerin Katharina Thalbach in „Lieber Thomas“ dann auch erhielt.

Und nun also „Kleo“. Die von Hanno Hackfort, Richard Kropf und Bob Konrad erdachte Serie, die selbst Bestseller-Autor Stephen King zu ihren Fans zählt, wurde auch deswegen zum Erfolg, weil Haase sich mit Haut und Haar, wenn nicht gar Leib und Seele auf diese vielschichtige und abgründige Rolle stürzte. Für Kleos Rachefeldzug absolvierte Haase ein wochenlanges Stunt-Training und unterzog sich permanenten Outfit- und Frisurenwechseln. Als brüchig, fehlerhaft, sehnsüchtig und liebend beschrieb sie selbst in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung diese Frau. Jede einzelne dieser Emotionen macht Haase in ihrem Spiel greifbar, in jeder einzelnen Folge aufs Neue. Dass eine zweite Staffel inzwischen abgedreht ist und die Rückkehr von Deutschlands spannendster Antiheldin unmittelbar bevorsteht, ist deswegen eine fantastische Neuigkeit.