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TV & Streaming Tipps im Februar

Große Gefühle und rasante Abenteuer

Das ZDF zeigt in der Ferdinand von Schirach-Verfilmung „Sie sagt. Er sagt.“, wie schwer es vor Gericht sein kann, Schuld oder Unschuld eines Angeklagten festzustellen. Mit „Testo“ wagt die ARD ein rastlos-rasantes Thriller-Experiment. „Sick Girls“ widmet sich einfühlsam dem Schicksal einer Reihe von Frauen, die eine ADHS-Diagnose erhalten. Und welche Abgründe sich mitunter in einem Elite-Ski-Internat auftun, zeigt die österreichisch-bayerische-schweizerische Co-Produktion „School of Champions“. Die Streamingtipps im Februar

SIE, Katharina Schlüter (Ina Weisse), und ER, Christian Thiede (Godehard Giese) vor Gericht: Wer von beiden ist schuldig, wer unschuldig? (c) ZDF

Sie sagt. Er sagt. Von Ferdinand von Schirach

In der Ferdinand von Schirach-Verfilmung „Sie sagt. Er sagt.“, inszeniert von Regisseur Matti Geschonneck, steht Aussage gegen Aussage. Die einflussreiche Journalistin Katharina Schlüter (Ina Weisse) berichtet, sie sei vom erfolgreichen Unternehmer Christian Thiede (Godehard Giese) bei einem gemeinsamen Hotelaufenthalt vergewaltigt worden. Der Mann bestreitet die Tat begangen zu haben, äußert sich jedoch vor Gericht ansonsten vorerst nicht. Vor dem Gericht der vorsitzenden Richterin (Johanna Gastdorf) kommt es in Folge der Aussage der mutmaßlich Geschädigten zu einem heftigen Deutungskampf der beiden Strafverteidiger:innen, gespielt von Matthias Brandt und Henriette Confurius. War der Sex des Angeklagten und der Anklägerin einvernehmlich oder erzwungen? Die Beweisaufnahme ist umfangreich, es werden Zeuginnen und Zeugen sowie Sachverständige hinzugezogen. Matti Geschonnecks hochkonzentriertes Gerichtsdrama ist auch ein Spiegel der gesellschaftspolitischen Debatte um #metoo. Es zeigt, wie weitverbreitet falsche Vorstellungen von Vergewaltigung bei vielen sind und wie schwierig sich gleichzeitig die Wahrheitsfindung vor Gericht gestalten kann. Die Zuschauer:innen erhalten einen erhellenden Einblick in die Abläufe der deutschen Strafprozessordnung. Dafür, dass das Ganze nicht protokollarisch-trocken gerät, sorgt nicht nur die pointiert geschriebene Vorlage des Erfolgsautors von Schirach, sondern auch die überragenden Performances der Rechtsanwalt-Darsteller:innen Confurius und Brandt. Zwischen den beiden Robenträger:innen fliegen nervenaufreibend die Fetzen. Am Ende müssen die Zuschauer:innen selbst entscheiden: schuldig oder unschuldig?

Sie sagt. Er sagt. Ab 17. Februar in der ZDF-Mediathek.

Testo

 
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Der Titel der neuen Show des Erfolgs-TV-Machers Kida Khodr Ramadan („4 Blocks“, „Asbest“, „German Genius“) „Testo“ ist bei seinen Hauptfiguren Keko (Kida Khodr Ramadan), Stulle (Frederick Lau), Barro (Veysel Gelin), Pepsi (Stipe Erceg) und Kongo (Mortel Jovete) eindeutig Programm. Die Testosteron-Bomber um ihren Anführer begeben sich auf einen folgenreichen Coup. Die örtliche Filiale einer Bank soll für einen minutiös geplanten Überfall herhalten, bei dem für die Räuber zunächst alles glatt zu gehen scheint, bis die Dinge doch auf die vorhersehbar abschüssige Bahn geraten. Die kurze Zündschnur, der mit Adrenalin und anderen Hilfsmitteln aufgeputschten Bande, kommt den Männern, die sich bereits aus Kindheitstagen kennen, nicht zugute, besonders da bald schon die Kriminalpolizei aufkreuzt. Bei „Testo“ handelt es sich um ein 7×15 Minuten langes Thriller-Experiment, dessen atemloser Takt und intensive Inszenierung die Zuschauer:innen geschickt ins nervenzerfetzende Geschehen einer Geiselnahme zu ziehen weiß. Ramadan, Gelin, Lau und Co. spielen ihre Rolle als Berliner Gangster in bewährter Crimeformat-Manier und auch einer unterhaltsamen Portion Selbstironie. Nicolette Krebitz gibt als smart kalkulierende Einsatzleiterin gemeinsam mit ihrem Polizistenkollegen (Ronald Zehrfeld) die Gesetzeshüterin gegenüber den Outlaws in scheinbar auswegloser Situation. Ob die fünf Freigänger am Ende wieder in den Knast wandern, erfahren die Zuschauer:innen am Ende dieses hochbeschleunigten 7-Teilers. Die Experimentierfreudigkeit der Filmemacher:innen um das Regieduo Olivia Retzer und Kida Khodr Ramadan zahlt sich aus. Der hochtourige wie kurzweilige Thrill kann in seinem erfrischenden Kurzformat durchaus Fernsehschule machen.

Testo. Seit 2. Februar in der ARD-Mediathek.

 

Sick Girls

Gitti Grüter (l.) und Protagonistin Sarah (r.) sprechen über Beziehungen. (c) ZDF / Lenn Lamster.
 

Der einfühlsame Dokumentarfilm “Sick Girls“ der Filmemacherin Gitti Grüter zeigt, was es bedeutet, eine ADHS-Diagnose zu erhalten und mit der psychischen Störung im Alltag zurechtzukommen. Dafür begibt sich die engagierte Filmemacherin, bei der selbst der Verdacht einer Diagnose besteht, in die Gesellschaft einer weiblichen Selbsthilfegruppe. Die Frauen der Gruppe geben einander Halt und zeigen in Gesprächen intellektuelle Durchdringungstiefe im Hinblick auf die Diagnose, die zunehmend mehr Menschen in der Gesellschaft betrifft. Wie es sich anfühlt, dauerhaft und mit hoher Intensität Symptomen wie Konzentrationsschwäche, Impulsivität, Reizüberflutung und Depressionen ausgesetzt zu sein, davon lässt „Sick Girls“ einen lebendigen Eindruck zu. Häufig haben Patientinnen wie die von Gitti Grüter in ihrer Doku gezeigten Protagonistinnen mit Stigmatisierung zu kämpfen. So aufgeklärt unsere Gesellschaft sich geben mag, immer noch gelten psychische Erkrankungen als Makel. Wer in Deutschland psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nimmt, kann als Beamtenanwärter:in immer noch Benachteiligungen erfahren. Höchste Zeit, das zu ändern, findet Gitti Grüters engagierter Film und zeigt unter anderem, wie beliebig gesellschaftliche Normvorstellungen sind. Vor die Wahl gestellt, ob sie lieber ein „normales“ Leben führen wollen, ohne Diagnose oder eines mit ADHS, optieren Grüters Protagonistinnen unisono für ein Leben mit der Erkrankung. In seinen stärksten Momenten eröffnet „Sick Girls“ Nichtbetroffenen einen empathischen Blick in die Wahrnehmung von ADHS-Betroffenen.

Sick Girls. Seit 5. Februar in der ZDF-Mediathek.

School of Champions

 
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Die junge Ski-Elite von morgen muss durch eine harte Schule. Die „School of Champions“ ist in der 8-teilgen-Dramaserie (Regie: Dominik Hartl und Johanna Moder, Drehbuch: Samuel Schultschik) die Akademie Gastein. Für einige, die den knallharten Drill in der Sportler:innenschmiede mitgemacht haben, ist das Internat eine „Folterkammer“. Für einige der Kids ist sie dennoch der große Traum. Den Abfahrtsassen verheißt ein erfolgreicher Lehrgang eine sichere Karriere im Ski-Zirkus. In der ausgesprochen originellen Koproduktion von ORF, BR und SRF fiebern Zuschauer:innen zunächst mit der Dani (Emilia Warenski) mit, die es eher unverhofft in die Profikaderschmiede verschlägt. Weitere Protagonis:innen wie der ruhige Georg (Moritz Uhl) aus München, der so talentierte wie undisziplinierte Nikki (Imre Lichtenberger) sowie die hochambitionierte, aber von ihrer Mutter nicht unterstützte Schweizerin Nawal (Luna Mwenzi) nehmen den Pisten-Drill auf sich. Das Ski-Internat ist ein Milieu, in dem Intrigen gedeihen, es gibt aber auch innige Freundschaft und Kameradschaft. Dem Leistungsdruck halten natürlich nicht alle stand, der unausgesetzte Wettkampf produziert Kollateralschäden, die nicht wegzudiskutieren sind. Und am Ende oder ganz am Anfang, je nachdem aus welcher Perspektive man erzählt, steht auch ein geheimnisvoller, tragischer Todesfall. Ein höchst eigenwilliger wie süchtig machender TV-Stoff nach einer Idee von Clemens Aufderklamm, der den Puls kurz vor der Abfahrt nicht nur bei seinen Protagonist:innen gekonnt nach oben treibt. In weiteren Hauptrollen: Moritz Uhl, Josephine Ehlert, Ferdinand Hofer und Jakob Seeböck.

School of Champions. Alle Folgen seit 9. Februar in der ARD-Mediathek.